DDG Vom Kittel zur Gründerin: Dr. Sarah Bechstein über ihre Rolle als MediPreneurin

Start-ups

An der Schnittstelle von medizinischer Expertise und digitaler Innovation: Einblick in den Weg von der Ärztin zur Unternehmerin im Gesundheitswesen.

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Lange Wartezeiten und eine oft unpersönliche Versorgung prägen für viele Patienten den Zugang zur Dermatologie. Dr. Sarah Bechstein, Dermatologin, Gründerin und Digi Derma Campus-Mitglied, sprach auf der DDG-Tagung offen über ihren Weg von der Klinik in die Startup-Welt und die Motivation hinter ihrem Unternehmen Formel Skin. Ihre Botschaft: Persönliche Erfahrung mit Versorgungslücken kann der Motor für innovative digitale Lösungen sein.

Dr. Bechstein schilderte ihre frühere Tätigkeit in einer Struktur, die sie als "dermatologische Fast-Food-Betreuung" erlebte. Obwohl sie dort viele Patienten sah, fehlte ihr die Möglichkeit zur individuellen und langfristigen Begleitung. Gleichzeitig stieß sie auf Widerstände gegenüber digitalen Ansätzen in der Medizin – eine Haltung, die sie heute durch ihre Einladung zur DDG-Tagung als überwunden betrachtet.

Getrieben von dem Wunsch, etwas zu verändern, suchte Dr. Bechstein nach Alternativen zum klassischen Arztberuf. Sie erkundete Bereiche wie Medizinjournalismus und Beratung, die sie für sich persönlich als unpassend empfand, stellte aber fest, dass sie ihr ärztliches Wissen und ihre Unzufriedenheit mit der Versorgung im Bereich Akne, die sie auch als Betroffene erlebte, in eine Geschäftsidee überführen wollte. Dabei betonte sie, dass betriebswirtschaftliches Wissen für Mediziner erlernbar sei und man sich nicht vor dem Schritt ins Unternehmertum scheuen müsse.

Die Notwendigkeit digitaler Lösungen wurde ihr auch durch den Alltag ihrer Mutter, einer Hausärztin, deutlich. Immer wieder landen dort dermatologische Anfragen, oft nur per WhatsApp-Bild, die über die Möglichkeiten eines Allgemeinmediziners hinausgehen. Patienten sind zudem in einer Zeit, in der sie ihr Essen online bestellen und in Minuten erhalten, weniger geduldig mit monatelangen Wartezeiten auf einen Facharzttermin.

Aus dieser Erfahrung entstand Formel Skin. Das Unternehmen bietet digitalen Zugang zu dermatologischer Expertise und personalisierten Behandlungsplänen. Basierend auf Fotos und einer Anamnese erhalten Patienten individuelle Therapieansätze, beispielsweise bei Akne oder Rosacea, oft mit langsam gesteigerten Wirkstoffkonzentrationen, was die Compliance verbessert und Nebenwirkungen reduziert. Das Modell setzt auf ein Abo und erzielt eine hohe Bleiberate von über 90 Prozent. Die Wirksamkeit zeigt sich laut Dr. Bechstein auch in Studien, die signifikante Verbesserungen der Lebensqualität der Patienten nachweisen, wie eine Untersuchung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf belegt.

Dr. Bechstein sieht in Startups wie Formel Skin keinen Konkurrenzfaktor für niedergelassene Ärzte, sondern eine Ergänzung zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung. Ihr Ziel sei es, Dermatologie zugänglicher zu machen und auch "banale" Erkrankungen wie Akne, die dennoch großen Einfluss auf die Lebensqualität haben, besser zu behandeln. Der Weg von der Ärztin zur Gründerin – die Rolle der "MediPreneurin" – zeigt, wie Mediziner aus der Praxis heraus innovative digitale Lösungen entwickeln können, um konkrete Versorgungsmängel zu adressieren.

 

ssey/bvdd