DDG KI und virtuelle Pfade: Blick in die Dermatologie 4.0

Sonstige

Digitale Offensive gegen lange Wartezeiten und andere Widrigkeiten der momentanen Versorgungslage.

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Die dermatologische Versorgung in Deutschland steht unter massivem Druck. Lange Wartezeiten für Facharzttermine, überlastete Notaufnahmen und ein Mangel an Personal pro Behandlungsfall prägen das Bild. Auf der DDG-Tagung 2025 präsentierte Julia Wetzel, DDG, Lösungsansätze, die auf Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz (KI) und der Schaffung virtueller Patientenpfade basieren.

Mit jährlich 21 Millionen Behandlungsfällen bei Hauterkrankungen sieht sich ein Viertel der Bevölkerung betroffen. Patienten warten oft länger als sechs Monate auf einen Termin und suchen in ihrer Not ungeeignete Anlaufstellen wie Notaufnahmen auf. Das System leidet unter getrennten Sektoren (ambulant/stationär), ineffizienter Steuerung und einer „Intervallmedizin“, die Patienten oft nicht zum optimalen Zeitpunkt erreicht. Statistiken zeigen: Deutschland hat viele Arztkontakte und Krankenhausbetten pro Einwohner, aber signifikant weniger Personal pro Fall im Vergleich zu anderen OECD-Ländern.

Digitalisierung als Schlüssel

Die Digitalisierung bietet hier entscheidende Potenziale. Während soziale Interaktion und komplexe Interpretationen (noch) menschliche Domänen bleiben, können digitale Tools routinemäßige Aufgaben übernehmen. Dazu gehören die Erfassung von Krankengeschichten und Symptomen (inklusive Fotos), Monitoring, Dokumentation und Standardisierung.

Künstliche Intelligenz zeigt sich als vielversprechendes Werkzeug. Im Hautkrebsscreening helfen KI-gestützte Ganzkörperscanner bereits dabei, auffällige Läsionen bei Patienten mit vielen Muttermalen zu identifizieren und die Fokussierung auf potenziell gefährliche Veränderungen zu lenken. Auch Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT erzielen in ersten Vergleichen mit medizinischem Personal überraschend gute Ergebnisse bei der Beantwortung von Patientenfragen und könnten künftig einfachere Apps ablösen – wobei die ärztliche Kontrolle zur Vermeidung von "Halluzinationen" der KI unerlässlich bleibt. Die Zukunft liegt in der "Augmented Intelligence", der intelligenten Kooperation von Arzt und KI.

 

Virtuelle Patientenpfade als Kernlösung

Ein zentraler, von der DDG vorangetriebener Lösungsansatz sind "Virtuelle Patientenpfade". Über einen digitalen Zugang (z.B. Barcode) können Patienten ihre Daten, Symptome und Bilder sicher hochladen. Das System ermöglicht eine erste Verdachtsdiagnose, klassifiziert den Fall und kann eine Priorisierung und Allokation vornehmen – sprich, den Patienten zur richtigen Versorgungsebene (Fachpraxis, Spezialambulanz etc.) steuern und bereits Therapieempfehlungen generieren.

Diese virtuellen Pfade eignen sich nicht nur zur Überbrückung von Wartezeiten, sondern auch ideal für das Management chronischer Hauterkrankungen. Digitales Monitoring kann den Verlauf (z.B. unter Biologika-Therapie), Schmerzlevel oder Juckreiz erfassen. Automatisierte Benachrichtigungen bei Verschlechterung oder zur Medikamentenadhärenz (z.B. Spritzenerinnerung) sowie die digitale Rezeptanforderung reduzieren die Notwendigkeit physischer Arztbesuche. Auch standardisierte Patientenaufklärung und Anleitungen zur Hautpflege können digital bereitgestellt werden, was das Selbstmanagement der Patienten stärkt.

Vorteile und Ausblick

Die Vorteile digitaler Patientenpfade und eines umfassenden digitalen Patientenmanagements sind eine automatisierte, zeit- und ortsunabhängige Steuerung und Beobachtung des Krankheitsverlaufs. Sektorengrenzen können überwunden und alle Beteiligten besser vernetzt werden. Dies verspricht eine effizientere Ressourcennutzung und generiert gleichzeitig wertvolle Real-World-Daten für die Versorgungsforschung. Eine virtuelle Ebene sei laut Wetzel parallel zur analogen Versorgung zwingend notwendig, um die aktuellen Herausforderungen in der Dermatologie zu bewältigen. Digitalisierung biete damit einen entscheidenden Hoffnungsschimmer für die Zukunft der Hautmedizin.

ssey/bvdd