Die digitale Transformation im Pharmasektor nimmt Fahrt auf:während Direct-to-Consumer (DTC)-Werbung (breite Marketingkampagnen über TV, Print und Digital) das Bewusstsein schuf , bauen Direct-to-Patient (DTP)-Modelle durch digitale Gesundheitsplattformen, Telekonsultationen und Liefernetzwerke den direkten Zugang zur Versorgung auf.
Die Gründe und Trigger hinter dieser Entwicklung sind vielfältig: Logistikunternehmen testeten 2018 erstmals die Lieferung nach Hause für Teilnehmer an klinischen Studien. Die Erkenntnis: Komfort und Kontrolle verbesserten das “Patientenerlebnis”. Die Pandemie 2020 beschleunigte dramatisch die Akzeptanz von Telemedizin (weltweit gesehen) und ab 2023 führte eine explosionsartige Nachfrage nach GLP-1-Medikamenten zu Engpässen und Fälschungen. Hersteller sahen sich gezwungen, die Lieferung selbst in die Hand zu nehmen, um den Zugang zu Medikamenten sichern und auch den eigenen Ruf zu schützen.
Die Trump-Administration konnte und wollte dieser Entwicklung natürlich nicht tatenlos gegenüberstehen: mit der Initiative TrumpRx.gov soll 2026 eine staatlich unterstützte Plattform für den direkten Kauf zu reduzierten Preisen starten, an der sich große Hersteller beteiligen.
DTP-Angebote sind damit mehr als nur eine Ergänzung zum bestehenden Ökosystem von Gesundheits-Apps und digitalen Therapiebegleitern. Sie positionieren sich zunehmend als eigenständiges Distributionsmodell und in manchen Bereichen auch als Wettbewerber zu klassischen, verordnungsbasierten Patient Apps (wie z.B. DiGA).
Und: auch Pharmaunternehmen investieren zunehmend in KI-gestützte Adhärenz-Tools und prädiktive Analysen.
Hohe Relevanz im Markt – USA Vorreiter, Deutschland zieht nach
Eine aktuelle, wenn auch nicht repräsentative Umfrage der DHC Group und ixlayer (Fokus US-Markt) liefert erste Indikatoren für die Dynamik dieser Entwicklung, die sich auch auf den deutschen Markt übertragen lässt:
- Implementierung im Fokus: 94% der Befragten beschäftigen sich bereits aktiv mit der Implementierung von DTP-Plattformen oder befinden sich in der Umsetzungsphase.
- Deutscher Case: Beispiele wie www.über-gewicht.de von Novo Nordisk zeigen, dass dieses Modell auch hierzulande Relevanz gewinnt.
Kernziele: Patient Experience und schnellerer Behandlungsbeginn
Das zentrale Versprechen der DTP-Plattformen ist eine verbesserte Patient Experience durch schnelleren Zugang zur notwendigen Behandlung.
- Beispiele sind LillyDirect (Eli Lilly, eine komplette Plattform, die Telemedizin und Coaching verknüpft, um eine direkte Lieferkette vom Rezept bis zur Haustür für Kernmedikamente zu schaffen), NovoCare Pharmacy (Novo Nordisk, bietet einen festen Lieferpreis für Kernmedikamente und hält Patienten so direkt an die Marke gebunden, nicht nur an die Apotheke) und PfizerForAll (Pfizer, ein All-in-one-Ökosystem, das Telemedizin und Same-Day-Delivery integriert und damit Schnelligkeit mit Skalierung verbindet)
- Kostenübernahme integriert: US-Plattformen wie Pfizerforall legen einen starken Fokus auf die Integration von Tools zur Klärung der Kostenübernahme, um die Patient Journey zu vereinfachen.
- Konsequenz: Eine optimierte Patient Journey führt indirekt zu einer erhöhten Adhärenz und potenziell zu mehr Verordnungen.
Hürden: Compliance und die fehlende App-Integration
Die größten Herausforderungen liegen derzeit in den Bereichen Compliance und Legal.
Ein wichtiger Aspekt, der in den aktuellen Konzepten oft noch fehlt, ist die nahtlose Integration digitaler Plattformen zur Therapie- und Adhärenzverbesserung.
- Ergänzung zur Therapie: Hier sind keine DiGA-konformen Anwendungen gemeint, sondern therapiebegleitende, digitale Unterstützungstools.
- Daten-Potenzial: Durch die Einbindung solcher Tools und den entsprechenden Patienten-Consent eröffnen sich Möglichkeiten zur strukturierten Erhebung konkreter therapiebezogener Gesundheitsdaten (z.B. Real-World Data) und Patient-Reported Outcome Measures (PROMs).
- KI-Anwendungen könnten diese Daten künftig nutzen, um Behandlungspfade weiter zu personalisieren und die Therapieeffizienz zu steigern.
Man darf also gespannt sein, welche zukünftigen Änderungen sich für das Digital Health-Ökosystem ergeben.
ssey/bvdd
