DMEA 2025 Digitalisierung im Gesundheitswesen: Generationen im (Auf)bruch?

Sonstige

Zwischen Disruption und Gestaltungsspielraum: wie die digitale Transformation die medizinische Berufswelt auf den Kopf stellt.

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Die Diskussion beleuchtet, wie tiefgreifend die digitale Transformation die Berufswelt verändert – und warum gerade junge Generationen diese Entwicklung aktiv mitgestalten sollten.

Die Speaker:

  • Dr. Sebastian Casu (Co-Founder | CMO bei elea)
  • Dr. Anke Diehl (Chief Transformation Officerin bei Universitätsmedizin Essen)
  • Melanie Feldmann (Executive bei Hashtag Gesundheit e.V.)
  • Henrik Ohlms (Senior Business Development Manager bei Compugroup Medical)

Wo sollte man in der Digitalisierung im Gesundheitswesen den Fokus setzen?

Anke Diehls Standpunkt fand breite Zustimmung: Digitalisierung sollte überall stattfinden und ist selbstverständlich im Jahr 2025. Der Fokus sollte auf der Nutzung von Daten und der Einführung internationaler Standards liegen. Die UME hat eine IT-Plattform geschaffen, um Gesundheitsdaten breit zu nutzen. Die Administration hinkt jedoch, wie in anderen öffentlichen Verwaltungen, noch hinterher. Es gibt kein Ende der Digitalisierung, man muss einfach anfangen.

Die Perspektive von Hendrik Ohlens (CompuGroup) sprach aus der Sicht der Software-Industrie: Die Kliniklandschaft ist heterogen. Größere Krankenhäuser wie die UME sind vorne dabei, kleinere haben oft Probleme mit IT-Power und Fachkräftemangel. Hersteller müssen ein breites Lösungsportfolio anbieten. Die Krankenhausreform (KHVVG) stellt besonders kleinere Häuser vor Herausforderungen bei der IT-Ausstattung. Prozessverbesserung und -vereinfachung sind wichtige Themen.

Die Bedeutung von Schnittstellen und der "Skillschnittstelle" zwischen IT und Gesundheitsfachkräften

Es gibt eine "Skillschnittstelle". IT-Projekte haben oft eine vernachlässigte Change-Komponente. Kliniken sollten sich nicht nur generisch beraten lassen, sondern Prozesse von Anfang an mitdenken. Fachanwender müssen in die Entwicklung von IT-Systemen involviert sein. Das Motto sollte "IT follows process" sein, um die Mitarbeitenden entsprechend zu befähigen.

Die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) und die Zukunft der Benutzeroberfläche

KI wird der größte Change seit langem sein und langfristig das Ende komplexer Benutzeroberflächen bedeuten. Die Interaktion mit Software könnte zukünftig verstärkt über Agenten und Chatbots erfolgen, was die Nutzung für weniger digitalaffine Personen deutlich vereinfachen würde. Die Entwicklung in diesem Bereich steckt in den KISS-Systemen aber noch in den Kinderschuhen.

Wie nimmt man alle Mitarbeitenden bei der Digitalisierung mit?

Sebastian Casu sprach Klartext: Die Digitalisierung "von unten" durch die Healthcare-Provider funktioniert momentan noch nicht gut. Es braucht einen Kulturwandel, bei dem digitale Lösungen als Instrument für die Versorgung verstanden werden und nicht als Selbstzweck der IT-Abteilung. Die Entwicklung muss in enger Zusammenarbeit mit den Menschen erfolgen, die in der Versorgung tätig sind, um deren Bedürfnisse zu verstehen und ihnen Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben zu geben.

Laut Casu ist "Alle" mitnehmen" ist ein zu hoher Anspruch. Dabei erwähnte er eine klassische Crux: Die meisten Gesundheitsfachkräfte haben ihren Beruf nicht gewählt, um mit Computern zu arbeiten. Digitalisierung ist für sie primär ein Handwerkszeug. Es gibt eine "Drittelregel": ein Drittel ist begeisterungsfähig, ein Drittel ist dagegen, und das dritte Drittel kann man durch Begeisterung, Einsatz und Vorbildfunktion gewinnen. Wichtig ist, den Sinn der Digitalisierung zu vermitteln: KI ist da und wird nicht wieder verschwinden. Die Mitarbeitenden haben die Wahl, ob sie die Entwicklung anderen überlassen oder sie selbst gestalten. Dafür müssen sie lernen, miteinander zu reden und eine gemeinsame Sprache zu finden. Kleine Schritte im Alltag helfen, dieses Prinzip zu verankern.

Die Notwendigkeit schnellerer und einfacherer digitaler Lösungen:

Digitale Lösungen müssen schneller und einfacher sein als Papier und Stift, um breite Akzeptanz zu finden. Solange Papier und Stift als die schnellere Option wahrgenommen werden, gibt es ein großes argumentatives Problem, die Vorteile digitaler Dokumentation für die Allgemeinheit zu vermitteln. Die Technik ist gefordert, hier bessere Lösungen zu schaffen. Wenn die Menschen digitale Lösungen als Hilfe empfinden, werden sie auch eine höhere Dokumentationslast akzeptieren.

Die insbesondere durch Sebastian Casus trockene Art, die Dinge beim Namen zu nennen recht interessante Diskussion benannte also die Bedeutung von Schnittstellen, die Potenziale von KI, die Notwendigkeit von Prozessdenken und  - last but not least - die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Gesundheitsfachkräfte als entscheidende Faktoren für eine erfolgreiche digitale Transformation. 

Die Menschen hinter der Technologie - sie bleiben auch im Jahre 2025 der Schlüsselfaktor.

ssey/bvdd